Letztendlich habe ich mich für Tokio entschieden, weil ich hier, nicht nur einen tollen Marathon mit begeisterten Publikum erlebt habe, sondern auch die World Marathon Majors komplett gemacht habe! Mein Bericht wurde als interessanter Beitrag in der neuesten Ausgabe der Runner´s World veröfftlicht!
Zwei Tage vor dem großen Event gehen wir zur Marathonmesse um unsere Startunterlagen abzuholen. Was sich dort abspielt, lässt sich kaum beschreiben. Es ist eine Mischung aus perfekt organisierter, gigantischer Messe und Fantasialand mit Marktschreiern an jedem Stand. An der Registrierung warten die Läuferin langen Schlangen geduldig auf den Beginn der Startnummernausgabe. Auf die Minute pünktlich erheben sich die freiwilligen Helfer an den Schaltern und begrüßen uns mit einem langanhaltenden Applaus! Mit einem freundlichen Lächeln, einer Verbeugung und guten Wünschen für den Lauf wird mir meine Startnummer überreicht!
Einen Tag vor dem großen Event findet, ähnlich wie in New York der sogenannte Friendship Run statt - ein großes, buntes und extrem lustiges Get-together von Läufern aus aller Welt. Viele kommen bunt verkleidet oder zumindesten in Landesfarben. Wer glaubt, dass die Japaner hier zurückhaltend dem Treiben folgen liegt völlig falsch. Es ist für Ausländer und Einheimische ein Riesenspaß.
Am Wettkampftag selbst wird es vor dem Start richtig festlich! Nach der japanischen Nationalhymne begleitete ein Live-Chor mit italienischen Opern-Arien unseren Start auf die 42,192 Kilometer. Langsam ging Block für Block bis an die Startlinie vor. Ein echter Gänsehautmoment.Die Zuschauer sind frühmorgens bereits zahlreich und oftmals in der verücktesten Verkleidung am Streckenrand erschienen. An vielen Stellen herrscht Party-Stimmung und die Läufer wurden enthusiastisch angefeuert!
Noch engagierter sind die vielen freiwilligen Helfer an den Verpflegungsstellen. Streckt man einem die Hand zum Abklatschen hin, geht das sofort die gesamte Reihe von 10-15 Personen, stehts begleitet von dem langgezogene Anfeuerungsruf “Ganbatte kudasaii" (etwa: Du schaffst es!) Da es sich in Japan nicht gehört, irgendetwas auf den Boden zu werfen, stehen hinter den Getränkeaufnahmen weitere Helfer mit Mülltüten für die Becher.
Übrigens beinhaltet die Verpflegung etwas für Läufe sehr Untypisches: es gibt jede Menge Tomaten. Ich habe sie natürlich probiert und muss sagen - es passt! Im Stadtteil Asakusa befindert sich der Wendepunkt der langen Schleife, die vom Vergnügungsviertel Ginza bis zum Asakusa-Schrein und dem Sky-Tree führt. So langsam näherte man sich der 30km Marke. Das heißt, für alle jene, die sich ihre Energie schlecht eingeteilt haben, beginnt "die Zeit der Leiden“.
Ab km35 fielen mir die vielen Spraydosen auf, die von den Zuschauern für die Läufer bereitgehalten wurden. Eisspray scheint in Japan sehr populär zu sein und wird von den einheimischen Läufern dankend angenommen. Die Zuschauer sind teilweise mit mehreren Dosen "bewaffnet" und sind extrem motiviert selbst Hand anzulegen. Da mir meine Knie nicht wehtun, mache ich aber vorsichtshalber einem weiten Bogen um diese hilfsbereiten Hobbysanitätern.
Auf den letzen Kilometern sind leider nur noch wenige Zuschauer versammelt, und durch die kurzen Anstiege (Brücken) wird es zusätzlich anstrengend! Ich habe mir meine Kräfte aber gut eingeteilt und kann am Ende noch etwas zulegen.
Spätestens im Zielbereich ist alles Leid vergessen, den man hat den Eindruck, dass einen jeder, aber wirklich jeder gratuliert! Das Beste kommt zum Schluss: Sobald man die Halle mit der Kleiderbeuteln-Ausgabe betritt, applaudieren all die vielen Helfer enthusiastisch. Unvorstellbar! Mit einer höflichen Verbeugung und Gratulation bekomme ich meinen Kleiderbeutel überreicht und bin zu Tränen gerührt.
Bis bald
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