Ein Ultratrail-Trippel - das ursprünglich gar keines werden sollte und warum Wettkampf nicht gleich Wettkampf ist! I Teil 3
Wow. Wo fange ich an... Schon im Vorfeld kristallisierte sich heraus, dass ich nach den beiden, vor allem aber dem letzten vorangegangenen Ultrattrail-Wettkampf ziemlich in den Seilen hing. Das war der einfach viel zu kurzen Regeneration zu danken. Somit fehlte mir schon am Vortag bei der Startnummernausgabe die Motivation mich kurz auf dem Event Gelände umzuschauen. Nur schnell die Nummer holen und zurück ins Hotel, Abendessen, Dusche, Bett und hoffe, dass mich die Motivation am Sonntag dann endlich findet.
Höhen,- und Streckenprofil - HuBuT - Longtrail 66km - 2019 (Quelle: www.Hubut.de) |
18. August - Its Raceday! Ach echt.. schon wieder?
Sonntag, mein Wecker geht um 5:00 Uhr, ich springe, wie gewohnt schnell aus dem Bett und frühstücke 2 Toastscheiben mit Schokoladenaufstrich, Nüssen und Banane. Ich bandagiere meine Füße und springe in mein Raceoutfit. Gegen 6.15 Uhr verlassen wir das Hotel und mein Freund bringt mich zum Start. Hier treffe ich Tom wieder, wir hatten uns schon weit im Vorfeld dafür verabredet und wollten die 66km gemeinsam rocken. Nach dem Aufstehen ist meine Motivation allerdings, wie befürchtet nicht auffindbar, und ich hoffe einfach, sie bis zum Start zu finden. Mein Freund verabschiedet sich, wir treffen uns später bei Kilometer 21 und 47 wieder.
Tom und ich machen uns also zusammen auf Richtung Start, auch er ist überzeugt, die Lust kommt sicherlich später, spätestens, wenn wir unterwegs sind. Um 7.00 Uhr ist Start und wir laufen ohne Startschuss von Laubach aus Richtung Kastellaun. Die ersten Kilometer schlängeln sich durch dichte Wälder und wunderschöne enge Wurzeltrails. 15 Kilometer geht es eigentlich mehr Bergab als Bergauf. Da hab ich eigentlich immer Spaß dran. Aber heute, irgendwie nicht, ich komme nicht in den Lauf rein und außerdem schwitze ich bereits nach 10 Kilometern wie sonst nur nach einem Halbmarathon bei über 30°C. Nach weiteren 5 Kilometern erreichen wir die erste Verpflegungsstelle an einer alten Burgruine, sieht wirklich toll aus, aber ich habe nicht mal Muse diese zu fotografieren. Ich esse einen bissen und trinken bevor wir weiter laufen. Gefühlt werde ich nun immer langsamer und Tom muss jetzt sogar auf mich warten. Ich habe einfach keine Lust und bleibe dann mitten im wirklich sehr gut laufbaren Trail einfach stehen und überlege. Wir gehen einige Meter bis ich mich aufraffen kann, wieder weiter zu traben. Dann kommt ein langgezogener Anstieg, nicht besonderes hoch und auch nicht besonders steil, der Blick nach oben verrät es schon, ein Highlight wartet auf uns.. Nein! Das Highlight! Die Geierlay Brücke welche wir gleich überqueren dürfen. Auf der anderen Seite wartet mein Liebster und persönlicher Fotograf auf uns. Im Streckenbriefing wurde uns gesagt wir sollen auf der Brücke nicht laufen, weil sie sich aufschaukelt und es für Überholmanöver sowieso zu eng sei. Wir haben das aber trotzdem getan! Und es war der Hammer! 100m über dem Boden, tolles Gefühl.
Fotos: (Thomas Demmelmaier) |
Ja wirklich, kurz denke ich, so jetzt kann's weitergehen und jetzt bin ich endlich am Punkt angekommen, an dem es Läuft. Aber schnell holt mich die Realität wieder ein. Ich beschließe nach kurzem Austausch mit meinem Freund auf jeden Fall bis zur Verpflegung bei Kilometer 46 zu laufen, und dann weiterzusehen. Ich versuche mir Zwischenziele zu setzen. Im langen Anstieg bekommt Tom muskuläre Probleme und muss an Tempo raus nehmen. Wenig später kommen wir aus dem Wald und queren eine Straße. Die Sonne knallt auf uns runter, es wird auf diesem kurzen Stück unerträglich warm! Wir freuen uns über jeden Schatten und dass wir schon bald wieder in den Wald laufen dürfen wo auch schon nette Helfer an der Verpflegung auf uns warten. Wir machen eine Pause und füllen alles auf. Die nächste Möglichkeit kommt erst in 17km. Wow das ist weit. Wir setzen uns langsam wieder in Bewegung. Keine 3 Kilometer später spricht er das aus, was mir seit guten 35km im Kopf schwirrt. "Ich steige aus bei km 46" damit habe ich wirklich nicht gerechnet - die Muskeln haben wohl komplett zugemacht und jeder Anstieg und jeder Downhill war eine kleine Qual. Ich bleibe noch einige Zeit bei ihm - obwohl ich selbst immer noch sehr demotiviert bin, versuche ich, ihn zu motivieren und davon abzuhalten auszusteigen. Aber sein Entschluss steht und ich entschließe mich in Absprache mit ihm bei Kilometer 42 alleine weiterzulaufen. Selbst nicht wissend ob ich das Ding nach Haus bringen werde oder nicht. Mittlerweile bin ich über 5:00 Stunden unterwegs. Nach kurzem knackigem Anstieg biege ich auf einen Feldweg und weniger später auf einen langen geteerten, schnurgeraden Weg ein - mittlerweile ist es sehr stürmisch geworden, es regnet.. Nach einigen weiteren Kilometern sehe ich meinen liebsten am Waldrand mit der Kamera lauern. Meine Laune hat wohl mittlerweile den absoluten Tiefstpunkt erreicht – zumindest sehe ich so aus.
Wir tauschen und kurz aus und er begleitet mich den letzten Kilometer bis zur Verpflegung im Laufschritt mit seiner Kameraausrüstung. In der Ferne sehe ich sein Auto stehen - wie verlockend, da jetzt einfach einzusteigen... Aber nein! Die letzten 20 Kilometer kann ich jetzt auch noch laufen. Ich tanke ordentlich auf und nehme mir einen "Weg-Kuchen" mit und belustige mit dieser Aussage wohl die Helfer. Den esse ich, während ich lostrabe, es geht weiter auf und ab. Am nächsten Anstieg treffen ich eine Läuferin, wir liefen bisher eigentlich immer Recht gleich - mal war sie vorne, dann wieder ich. Ich spreche sie einfach an und wir kommen ins Gespräch. Es tut gut – genau das habe ich jetzt gebraucht. Wir tauschen uns aus, sie erzählt mir ihre Geschichte, ich ihr meine. Wir leiden die nächsten langen Kilometer gemeinsam. Lachen, fluchen zwischendurch und wundern uns gemeinsam über verschiedene Laufstile einiger Mitläufer. Noch gute 3 Kilometer bis zum Ziel. Ab jetzt kommt mir die Gegend wieder bekannt vor, wir waren diese Wege am Anfang in die andere Richtung gelaufen. Ich habe das Gefühl "nach Hause" zu laufen und werde deswegen immer schneller. Ich möchte Endlich ins Ziel. Ich sehe am Boden mit Kreidespray geschrieben "noch 800m zum Ziel" Alles klar - Ich bin weg! - ich gebe Gas und laufen die letzten Meter so schnell wie es nach 66km eben noch geht - und ja plötzlich hatte ich wirklich! Spaß und war total im Flow. Warum kommt das jetzt erst? Da ist er, ich kann ihn sehen - der Zielbogen! Arme Hoch, lächeln nicht vergessen und Finish! Schnell die Finisher Medaille um den Hals hängen lassen und setzen. Ok Ich bin doch ziemlich fertig. Mental und auch körperlich.
Fazit zum Wettkampf: Der HuBuT ist ein wirklich tolles Event das, trotz seines bisher erst kurzen Bestehen wirklich toll organisiert ist. Hingegen der vorherigen Nachrichten war die Strecke hervorragend markiert und ausgeschildert. Die Strecke führt durch wunderschöne verschlungene Waldtrails über Bäche, vorbei an Burgruinen und alten Stollen, bergauf und bergab, durch Täler und über die Geierlay. Das muss man unbedingt gesehen haben.
So und da war es. Das Ende eines einmonatigen UltratTailMarathon-Trippels. 3 Wettkämpfe, die für mich hätten nicht unterschiedlicher sein können. 3 Wettkämpfe mit jeweils nur 2 Wochen Pause dazwischen. Geplant war das so nicht und wird es auch so nicht mehr geben. Ich habe zwischendurch hart an mir und vor allem meinem gesunden Verstand gezweifelt, oft überlegt alles hinzuschmeißen und alle kommenden Events inkl. Pläne für nächstes Jahr zu canceln. Ich habe gekämpft, gelitten, unterwegs geweint. Aber viele wichtige Dinge gelernt, Dinge über mich selbst, denn genau das ist Ultrarunning – und deswegen liebe ich es ! Und nun: Hello Ultra-Trail-Wettkampf-Off-Season!
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