11.09.19

Jungfrau Marathon 2019 I Durch den dichten Nebel ins Ziel!


„Der schönste Marathon der Welt“! Sehr selbstbewusst werben die Veranstalter des Jungfrau-Marathon mit diesem Slogan ;-) Wenn man die Bilder der traumhaften Alpenkulisse aus den Gipfeln von Eiger, Mönch & Jungfrau am Zielbereich sieht, will man dies gerne glauben. Und vor allem möchte man eines - man will dort teilnehmen! Klar hatte ich den Jungfrau-Marathon schon länger auf meiner To-do Liste aber in diesem Jahr sollte es wahr werden! „Da möchte ich teilnehmen“ ist übrigens leichter gesagt als getan! Es gibt „nur“ 4000 TeilnehmerInnen-Plätze und am Tag der Startplatz-Vergabe sind alle Startkarten in wenigen Stunden ausverkauft! Die Strecke ist auch nicht ohne! Insgesamt geht es ca. 1800m bergauf und ca. 300m bergab. Nachdem ich mir dieses Jahr eine interessante „Lauftournee“ durch die Niederlande zusammengestellt hatte, stellte der Jungfrau-Marathon, neben dem Rennsteig-Supermarathon, im Frühjahr, eine anspruchsvolle Abwechslung zum Laufen auf den flachen Strecken in unserem Nachbarland dar;-) Am Ende kam zwar nicht alles wie erhofft, aber der Jungfrau-Marathon war auch, ohne Traumkulisse, ein super Laufevent. Dies könnt ihr in diesem Post nachlesen!






Am Vortag des Rennens erreichten wir Interlaken. Hier startet alljährlich der Jungfrau-Marathon und hier fand auch die Marathonmesse, Startnummern-Ausgabe und Pastaparty statt. Neben der Abwicklung des Organisatorischen ging mir vor allem eines durch den Kopf: „Wie wird das Wetter am Renntag“? Die Wolken hingen tief über dem Tal und laut Wettervorhersage sollte sich dies auch nicht gravierend ändern! Leider gab es auch noch eine hohe Wahrscheinlichkeit auf Regen während des Rennens :-( Als LäuferIn muss man die äußeren Bedingungen akzeptieren und annehmen, aber enttäuscht war ich trotzdem ein wenig. Ich hatte die Bilder aus 2018 vor Augen und beneidete die TeilnehmerInnen aus dem letzten Jahr um den traumhaften Blick auf die drei imposanten Gipfel. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und somit hoffte ich, dass ich im Verlauf des Tages doch noch einen Blick erlangen könnte.




Startbereich Interlaken




Am Samstagmorgen sah es nicht unbedingt danach auf. Die Wolken hingen etwas höher im Tal, aber von den weißen Gipfeln war nichts zu erkennen. Immerhin war es trocken und im Startbereich von Interlaken war schon richtig „Stimmung“;-) Alphornbläser und Fahnenschwenker unterhielten die SportlerInnen und die zahlreichen Zuschauer am Streckenrand! Bevor um 08:30Uhr der Startschuss erfolgte wurde es noch einmal feierlich. Aus den Lautsprechern ertönte die Schweizer Nationalhymne. Anschließend lief der Countdown zum 27ten Jungfrau-Marathon !






 




Auf der Runde durch Interlaken begegneten uns bereits die riesigen Kuhglocken, die auf dem langen Weg zum Berg, häufig für Stimmung sorgen sollten. 


Bahnhof Interlaken (Bildquelle: alphafoto.com)

Böningen I Brienzer See


 
Weiter ging‘s in Richtung Böningen am Brienzersee! Über die Ortschaften Wilderswil und Zweilütschinen zog sich das Feld der LäuferInnen, entlang dem kleinen Fluss Lütschine, langsam der Ortschaft Lauterbrunnen entgegen. „Langsam“ ist natürlich relativ ;-) Ich hatte mir für die „flachere“ Strecke bis zum Anstieg hinter Lauterbrunnen eine langsame Pace vorgenommen, um genügend Kräfte für den Aufstieg zu sparen. Als die 04:30Std. Pacer immer weiter wegzogen und ich vom 05:00 Std. Pacer überholt wurde, änderte ich meine Strategie. Trotz des großen Respekts vor den Anstiegen erhöhte ich meine eigene Pace und versuchte dem 05:00 Std. Pacern zu folgen;-)


Kuhglocken in jeder Größe sorgten für den besonderen Sound des Jungfrau-Marathon (Bild: Claudia Kogej)





Vorerst lief es richtig gut! In den Dörfern war eine tolle Stimmung. Überall wurden die Schweizer Fahnen geschwungen und ertönten Kuhglocken. Gruppen mit bis zu zehn riesigen Glocken die einen riesigen Lärm erzeugten! Ruhiger, aber genauso schön waren die „Musiker“ die uns, am Streckenrand, mit Akkordeonmusik unterhielten.






Mit der Ortschaft Lauterbrunnen erreichten wir die Halbmarathonmarke. Hoch über dem Ort fiel der imposante Staubbachfall 297 Meter tief in die Tiefe! Damit zeigte er uns LäuferInnen, sehr anschaulich , die Höhenmeter an, welche wir bereits überwunden hatten;-) Es sollten jedoch noch weitere 1500 Höhenmeter folgen ;-) 


Bahnhof Lauterbrunnen

Lauterbrunnen



Staubbachwasserfall Lauterbrunnen

Vorerst liefen wir hingegen noch eine kräfteschonende Runde durch das Tal  hinter Lauterbrunnen. Zurück im Ort erreichten wir die legendäre „Wand“! Von hier ab ging‘s richtig steil bergauf, denn wenn der Schweizer von einer „Wand“ spricht, dann wird es spektakulär! Um dies zu unterstreichen durchquert man kurz hinter dem Dorf einen Torbogen und in einer Dauerschleife tönte der Pink Floyd Klassiker „The Wall“ aus den Lautsprechern;-) Diesen Song hörte man nach einem gefühlt „unendlich“ langen Aufstieg über „unzählige“ Serpentinen noch einmal. 






"THE WALL" (Bild: Claudia Kogej)

Von nun an - geht´s bergauf! (Bildquelle: alphafoto.com)


Am Ende der langen Serpentinenstrecke signalisierte er uns, dass das schlimmste hinter uns lag! Vor uns lag nun die Ortschaft Wengen (1283m). Bis zum Ortszentrum liefen wir durch die Wiesen am Hang entlang und genossen die Aussicht ins Tal. Fast 500 Höhenmeter hatten wir auf den letzten 4km überwunden und das spürte man ;-)




(Bildquelle: alphafoto.com)

Wengen


Wengen I Es läuft (noch) ;-))) (Bildquelle: alphafoto.com)





Zum Ausruhen gab‘s jedoch nur wenig Zeit. In Wengen standen die Zuschauer eng gedrängt an den Straßenrändern! Super Stimmung und genau die richtige Motivation für die restliche Strecke bergauf! Kilometer 30 war erreicht und es ging weiter. Tatsächlich „ging“ man hier schon recht häufig um Kräfte zu sparen. Immer mal wieder „Antraben“ doch am nächsten Anstieg wieder „Powerwalking“;-)



Die Sicht verbesserte sich leider nicht. Hinunter ins Tal hatten wir schöne Aussichten aber die Gipfel ließen sich nie blicken :-( Immerhin blieb das Wetter stabil und trotz einiger dunkler Wolken gab‘s keinen Regen!

Powerwalking ;-) "Forward is our pace"! (Bildquelle: alphafoto.com)
 
(Bild: Claudia Kogej)




An der Liftstation „Wixi“ (km 38,5) war der nächste markante Punkt erreicht. Mittlerweile hatten wir eine Höhe von 1855m ü. M. erreicht. Aufgrund der schlechten Witterungsverhältnisse wurde das LäuferInnenfeld hier für eine kurze Strecke aufgeteilt. Hierdurch sollten „Staus“ auf den folgenden Engpässen vermieden werden! Die eine Hälfte lief über Wiesenwege weiter bergauf, während meine Hälfte, auf der Originalstrecke,  um die Felsen herum auf einen schmalen Single-Trail mit Wurzeln und Steinstufen einbog. Trotz des technisch anspruchsvollen Geländes spürte ich einen „zweiten Wind“ und konnte die nicht so steilen Passagen gut laufen. Nach gut einem Kilometer waren alle LäuferInnen wieder vereint und schauten dem letzten großen Aufstieg entgegen!

(Bildquelle: alphafoto.com)


Die Schweiz grüßt am "Wixi" (Bild: Claudia Kogej)

steiniger Single-Trail I

steiniger Single-Trail II (Bild: Claudia Kogej)




Bereits auf den ausgetretenen Pfaden vor der Moräne kam es immer wieder zum „Stau“. Eng hintereinander „kraxelten“ wir den Berg hinauf und an jeder Felsstufe sorgte ein Moment des „Innehalten“ für einen Rückstau!


(Bild: Claudia Kogej)



 
Die Köpfe gesenkt ging es immer weiter bergauf! Der Bodenbelag wechselte und das Geröll signalisierte, dass die Moräne erreicht war! Hier hätten wir bei klarer Sicht einen phantastischen Blick auf das Alpenpanorama aus Eiger, Mönch & Jungfrau genießen können. Auch vom Gletscher war nichts zu sehen. 



  






Trotzdem war das Erlebnis einmalig. Im dichten Nebel konnte man maximal 10 LäuferInnen weit sehen und plötzlich ertönte aus dem Nebel der Sound zweier Dudelsäcke :-) WOW ! War das ein Gefühl! „Should all acquaintance be forgot.....“ Der Song „Auld Lang Syne“ ! Ein kalter Schauer lief über meinen Rücken und ich hatte Tränen in den Augen. Jeder wusste, dass wir bald die höchste Stelle erreicht hatten! 
 


An den höchsten Felsstufen standen mehrere freiwillige Helfer und sicherten den Tritt auf dem rutschigen Fels! 1000 Dank an alle Helfer! Ihr wart großartig! Hier oben lagen die Temperaturen zwischen 0 und 4 Grad! Das war ein Temperaturunterschied von 15 Grad zwischen Startbereich und Ziel. Bereits beim Aufstieg hinter Wengen hatte ich eine superleichte, winddichte Jacke aus der Trailweste gezogen und war gegen die Kälte gewappnet. 

Bildquelle: Jungfrau-Marathon Facebook

Bildquelle: Jungfrau-Marathon Facebook

Der "Schokifelsen" ;-))) (Bild: Claudia Kogej)
 

Ein kurzes Stück ging’s bergab und mit dem „Schokifelsen“ tauchte die letzte Schikane auf! Eigentlich wollte ich nur noch weiter Richtung Ziel, aber ein Stück Schokolade konnte ja nicht schaden ;-) Beim klettern über den rutschigen Fels ließ ich mir noch einmal helfen, denn kurz vor dem Ziel wollte ich kein „umknicken“ oder „stürzen“ mehr riskieren!


(Bildquelle: alphafoto.com)


 

Kein Kilometer lag mehr vor uns  - und es ging wunderbar leicht bergab:-) Dass das Gipfelpanorama aus Eiger, Mönch und Jungfrau fehlte interessierte in diesem Moment niemanden;-) Wir hatten den Jungfrau-Marathon „gerockt“, allen Widrigkeiten zum Trotz:-) Die letzten Meter ging’s vorbei an den jubelnden Zuschauern! Dort entdeckte ich meine Frau Christine, die als „Unterstützerin“ ebenfalls einen sehr langen und anstrengenden Tag hatte. Gemeinsam liefen wir ein paar Meter dem Ziel entgegen. Dann war es endlich soweit - „Finisher“!!!

Ein paar Meter mit Christine I "best supporter ever" ! (Bildquelle: alphafoto.com)
 
FINISHER !!! (Bildquelle: alphafoto.com)


 
...... und freuen :-))))) (Bildquelle: alphafoto.com)



Ein großartiges Gefühl! Schnell waren die Schmerzen und die Qual verschwunden. Die Atmosphäre war einmalig! Die Unterstützung auf der Strecke war bewundernswert. Statt Aussicht auf die Gipfel gab‘s Gänsehautstimmung auf der Moräne! Da mich jedoch immer noch interessierte, wie es hinter dem dichten Nebel aussieht war auch schnell klar: „Ich muss noch einmal wiederkommen und das Ganze bei Sonnenschein genießen“;-)


"Ich komme wieder" ;-)
 
Die beste Sicht des Tages I Eiger Nordwand ;-)



 
Strecke (Quelle: Homepage des Veranstalters)

Höhenprofil (Quelle: Homepage des Veranstalters)






Weitere Informationen zu diesem tollen Berglauf findet ihr auf der Homepage des Veranstalters:





 
Bis bald 

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